Abschied

Wie ich meinen Hund gehen ließ

Traurig und schön zugleich war der Abschied von meinem ersten Hund Friedhelm. Und anders als erwartet.

Abschied nehmen: Wann ist es soweit?

Schon lange hatte ich mich gefragt, wann der richtige Zeitpunkt sein wird. Ob mein Hund mir zeigt, wann es soweit ist. Ob ich ihn verstehen werde. Oder ob ich selbst entscheiden muss.

Mein Hund Friedhelm war zwölfeinhalb Jahre alt und hatte hochgradige Hüftdysplasie (HD). Trotz moderatem Training und Goldimplantaten würde es bald soweit sein. Die Spaziergänge  wurden kürzer, die Erholungsphasen länger.

Keine Lust mehr auf nichts - das letzte Foto von meinem Friedhelm.
Keine Lust mehr auf nichts - das letzte Foto von meinem Friedhelm.

Der Anfang vom Ende

Die letzten 14 Tage seines Lebens trug ich ihn die Stufen zur Wohnung hinauf. Er hatte noch immer Lebensfreude, das war für mich ein wichtiges Kriterium. Er freute sich über Besuch, fraß wie immer gern und viel. Aber er hatte keine Lust mehr auf Spaziergänge. Als er sich draußen für gar nichts mehr interessierte und Probleme hatte, sein Geschäft zu verrichten, war für mich klar, dass das der Anfang vom Ende ist.

Eine ungewisse Zeit begann. Nicht zu wissen, wie schlimm die Schmerzen sind, ob es nochmal besser wird, ob wir den geplanten Umzug in die neue Stadt gemeinsam antreten... all das war quälend für mich.

Also verabredete ich mit einer befreundeten Tierärztin, dass sie in einigen Tagen die 400 Kilometer zu uns kommt und meinen Hund einschläfert. Es sollte zu Hause, in vertrautem Umfeld, geschehen.

Doch so lange wollte mein Hund nicht mehr warten.

Als hätte er es gespürt (ich bin sicher, er hat es gespürt), ging es am nächsten Tag richtig bergab. Friedhelm wollte nicht mehr aufstehen, nicht mehr raus gehen und nicht mehr fressen. 

Es war sicher auch ein wenig Egoismus dabei, als ich den Tierarzt aus dem Nachbardorf anrief. Ich wollte nicht, dass mein Hund unnötig litt. Und ich wollte es auch nicht ertragen. 

Ich hatte mir so viele Gedanken gemacht und jetzt zweifelte ich kein bisschen an meiner Entscheidung.

Friedhelm freute sich über den Tierarzt, fraß ihm Leberwurst aus der Hand, legte sich mit einem Seufzen auf seinen Lieblings-Küchenteppich und schloss die Augen. Als wollte er sagen: "So. Es kann losgehen." Keine Spur von Angst. Ich legte mich neben ihn und streichelte sein Fell, während der Tierarzt ihm die Narkose verpasste. Alles war ganz friedlich und leise, nur unser Schluchzen war zu hören. Ein guter Freund war bei mir. 

Heulend begruben wir meinen Hund im Garten und fuhren ans Meer, wo Friedhelm so gern nach Steinen getaucht war. Mein Freund drückte meine Hand und sagte: "Friedhelm ist unvergesslich. Sein Geruch wird immer in meinem Staubsauger bleiben."

Der Geruch ist bestimmt verblasst, die Erinnerung nicht. Ich hatte Friedhelm seit dem Studium. Er hatte mich zu Vorlesungen, zu Partys und in Studentenkneipen begleitet, auf Reisen, zur Arbeit, bei Liebeskummer und Neuanfängen. Er gehörte in mein Leben.

Das Schlimmste war die Rückkehr in die leere Wohnung.

Zwei Monate hielt ich es ohne Hund aus. Dann zog Mischka ein, ein Riesenschnauzer-Golden Retriever-Welpe, der drei Tage vor Friedhelms Tod geboren worden war. Er half über die Traurigkeit hinweg und füllte die Leere. Er ist ein ganz anderes Kaliber und ich denke oft, ohne Trauer und mit Freude an Friedhelm. Die Zeit, die wir hatten, war wunderbar. Und ich würde nicht darauf verzichten wollen, nur aus Angst vor dem Abschied.

Mein zweiter Hund Mischka ist jetzt neun Jahre alt und manchmal kommt schon der Gedanke, wie es sein wird, wenn es soweit ist. Sicher dauert es noch lange, aber ich schaue dem Abschied zuversichtlich entgegen. Vielleicht, weil der Tod meines ersten Hundes so friedlich war - eine intensive, traurige und auch schöne Erfahrung. Ohne Angst, ohne Trauma und ohne den Wunsch, ihn irgendwie und mit allen Mitteln noch am Leben zu erhalten. Wir Tierbesitzer haben die Verantwortung, unsere Schützlinge von Leid und Qual zu befreien. 

Danke an Claudia vom Team Hundeseele,die zu einer Blogparade zu diesem Thema aufrief. So konnte ich mal wieder in Erinnerungen an meinen geliebten ersten Hund schwelgen. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Claudia (Montag, 27 Februar 2017 13:42)

    Ich danke Dir für diesen rührenden Artikel. Wir drücken Dich ganz fest. Schnieff...LG Claudia&Lady