Kreidefelsen auf Rügen

Wanderungen über die Insel Rügen haben die Landschaftsauffassung von Caspar David Friedrich geprägt. An der Kreideküste der Insel lässt sich heute nachempfinden, was den bedeutendsten Maler der Romantik vor 200 Jahren inspirierte.  

Offenes Meer und tiefer Wald

Uralte Buchen und sattgrüne Moose bilden im Nationalpark Jasmund eine märchenhafte Kulisse. Hier würde es im ersten Moment kaum überraschen, winzige Trolle und Feen hinter den dicken Baumstämmen oder auf bizarren Wurzeln zu entdecken. Das dichte Blätterdach der Buchen lässt kaum Licht durch, so dass man wie durch eine buschlose Halle wandert. An manchen Stellen sieht es aus, als hätte jemand gefegt. 

Der Ostsee-Wind treibt die Blätter der Buchen durcheinander, manchmal pfeift er mit aller Kraft zwischen den Stämmen hindurch. Durch die Buchenstämme scheint ein großes Stück Himmel, und darunter tut sich das Wasser auf – eine Mischung aus Türkis und Azurblau. Vor dem blauen Himmel zeichnen sich leuchtend weiße, bizarr geformten Felsvorsprüngen ab – die Kreidefelsen.

 

 

Caspar David Friedrich auf Rügen

Offenes Meer und tiefer Wald – bei dieser Kombination muss auch dem Maler Caspar David Friedrich das Herz aufgegangen sein, als er hier mit seinem Skizzenbuch entlang wanderte. Er war überwältigt von der Höhe der Kreidefelsen und der Weite des Meeres.

 

Rügenwanderungen haben seine Landschaftsauffassung geprägt. Sieben Mal zwischen 1801 und 1826 reiste er auf die Insel Rügen, wanderte über die Halbinseln Jasmund, Mönchgut und Wittow und skizzierte weite Blicke über die Landschaft. Hier entwickelte der Künstler ein Gespür dafür, wie er die Weite der flachen Landschaft zu Papier bringen kann. Den Horizont platziert er in seinen Bildern weit unten. Auf diese Weise gab er dem Himmel besonders viel Raum.  

Kreidefelsen auf Rügen - Motiv der deutschen Romantik

In der Stubnitz auf Jasmund, einem uralten Waldgebiet mit bis zu 2000 Jahre alten Buchen besteht, entstanden in den Sommern 1801 und 1802 zahlreiche Skizzen, die Caspar David Friedrich später als Vorlage für viele seiner Gemälde dienten. „Die Kreidefelsen auf Rügen“ ist so ein Bild – eines seiner berühmtesten. „Kreidefelsen auf Rügen“ entstand um 1818 in seinem Dresdener Atelier und ist eines der wichtigsten Motive der deutschen Romantik.

Beim Betrachten des Werkes fühlt man sich selbst wie auf seinem berühmten Bild. Und genau das wollte Caspar David Friedrich: Dass der Betrachter des Bildes auf die gleiche Weise in die Landschaft blickt, wie die drei Personen es tun, die uns den Rücken zuwenden. 

 

Interpretationen gibt es viele. Vielleicht ist es Friedrich selbst, der da in Betrachtung der Landschaft versunken aufrecht am rechten Bildrand steht. Der Andere nähert sich auf allen Vieren kriechend vorsichtig der Abbruchkante. In der Ferne liegen zwei Segelboote auf dem Wasser. Das eine bewegt sich auf die Felsen zu, das andere gen Horizont. Die Männer und die Segelboote – sie zeigen zweierlei Haltungen: entweder zum Licht oder in die Tiefen des Abgrunds. Und die Frau im roten Kleid, auf eine Blume vor dem Abgrund weisend…?

 

 

"Kreidefelsen auf Rügen" entstand an mehreren Orten

 

DEN Ort, an dem Caspar David Friedrichs berühmtestes Gemälde „Kreidefelsen auf Rügen“ entstand, gibt es nicht. Das Werk entstand vermutlich aus mehreren Motiven. Auf seinen Wanderungen über Rügen machte Caspar David Friedrich zahlreiche Skizzen, die ihm später in seinem Dresdner Atelier als Vorlage vieler Gemälde dienten. Lange vermutete man, das Bild zeige die „Wissower Klinken“ südlich des Königsstuhls. Doch die kannte der Maler vermutlich gar nicht. Denn die charakteristischen Zacken wurden von Stürmen erst in die Kreide gerissen, nachdem Caspar David Friedrich hier mit seinem Skizzenblock entlang gewandert war. In Wirklichkeit malte Friedrich vermutlich die Kleine Stubbenkammer – einem Felsen nahe dem Königstuhl. Ein wenig abgeändert und mit größerem Abstand zwischen Felsenspitzen und Horizont.  

Natur als Spiegel menschlicher Empfindungen

Caspar David Friedrich ging es nicht um die naturgetreue Wiedergabe der Landschaft, sondern um die Gefühle, die sie beim Maler und ihr Bild beim Betrachter hervorrufen. Friedrich sah die Natur als Spiegel menschlicher Empfindungen und stand damit im Gegensatz des Realismus der Klassizisten. Ein Bild muss nicht erfunden, es muss empfunden sein. Eine Idee davon, was der große Maler der Romantik damit gemeint hat, bekommt man an besten bei einer morgendlichen Wanderung durch die Stubnitz. 


Tipps rund um die Halbinsel Jasmund

Wandern auf Jasmund

Lohme-Königsstuhl-Ranzow-Lohme (ca. 11 km): Der Hochuferweg von Lohme zum Königsstuhl führt durch uralte Buchenwälder und bietet herrliche Ausblicke auf die Ostsee. Rückweg am Herthasee vorbei und über Ranzow. 

Sassnitz-Wissower Klinken-Königsstuhl (ca. 8 km): Am Hochufer der Kreideküste entlang. Mit dem Bus zurück nach Sassnitz

Tipp: Viel schöner, als auf dem 117 Meter hohen Königsstuhl zu stehen, ist die Aussicht darauf - zum Beispiel von der nahe gelegenen Victoriasicht. 

Kultur mit Hund

Kreidemuseum Gummanz: Hier dreht sich alles um das "weiße Gold Rügens" - die Kreide: von der Entstehung der Kreide, Kreideabbau, Nutzung etc. Inklusive Naturlehrpfad. Hunde sind im Museum willkommen. www.kreidemuseum.de

Schlafen

Mit Meerblick: Das Panorama Hotel Lohme liegt direkt an der Steilküste und bietet einen imposanten Ausblick auf die Ostsee. Vierbeiner sind gegen einen Aufpreis von 9 Euro herzlich willkommen. Urlauber dürfen nicht nur Hunde, sondern sogar Katzen mitbringen. Doppelzimmer mit Meerblick: 65 Euro pro Person in der Hauptsaison. Tel. 038302/9110, www.panorama-hotel-lohme.de 

Einkaufen

Inselseifen: handgemachte und originelle Seifen und Badeprodukte, Seifen mit Rügener Heilkreide, Bernstein, Ummanzer Stutenmilch, Laden und Schauwerkstatt in Sassnitz, Hauptstr. 10, Montag bis Freitag: 10-18 Uhr, Sonnabend 10 - 14 Uhr, Tel. 038392/675500. www.inselseifen.de