Das Bremer Geschichtenhaus

Im Bremer Geschichtenhaus erzählen historische Figuren aus ihrem Leben. Hunde sind in dem lebendigen Museum herzlich willkommen, dürfen zuhören, sich durch die Jahrhunderte schnüffeln und Streicheleinheiten abholen. Eine Reportage aus dem lebendigen Museum

Lebendige Menschen statt Exponate

Irgendwo hinter dem Seesack muss die Ratte sein. Der Hund spitzt die Ohren und versucht, am breiten Hintern von Fisch-Lucie  vorbei zu schauen. Sie trägt ein zerschlissenes Gewand, in der Hand einen Reisigbesen, mit dem sie die Ratte zu verjagen versucht. Ja, wo ist sie denn nun? 

 

Im Bremer Geschichtenhaus geht es äußerst lebendig zu. Zwar nicht mit echten Ratten, aber mit richtigen Menschen, die historische Figuren verkörpern und Bremens Geschichte vermitteln. Bremer Originale wie Fisch-Lucie erzählen den Besuchern aus ihrem Leben – Leben aus drei Jahrhunderten. 

 

Hunde ausdrücklich willkommen

Hier gibt es keine Exponate, keine Glasvitrinen - nur historische Kulissen, ein altes Schiff, Böttcherwerkstatt, Wirtshaus und viele Darsteller, die Bremer Originale mimen. Hier kann nichts kaputt gehen. Das ist einer der Gründe, warum Hunde mit ins Museum dürfen.

 

 

Hunde sind im Bremer Geschichtenhaus ausdrücklich willkommen. Sie erhalten nicht nur Streicheleinheiten, sondern auch Leckerlis, Wasser und auf Wunsch eine eigene Führung. Begrüßungen fallen mitunter stürmisch aus, denn die Mitarbeiter des Museums sind sehr hundefreundlich. Schon beim Betreten des Hauses werden sie von der Bremer Stadtwache begrüßt.

 

Bremer Originale erzählen aus ihrem Leben

Der Hund spitzt die Ohren und legt den Kopf schief. Als würde er jedes Wort verstehen, das Fisch-Lucie sagt. Sie erzählt so packend und eindrücklich aus ihrem Leben vor etwa 100 Jahren. Davon, wie sie den Markt beherrschte und wie sie, um die Konkurrenz auszuschalten, schon nachts den heimkehrenden Fischern auf der Weser entgegen fuhr. Auf diese Weise ergatterte sie die beste Ware und verkaufte sie an ihrem Stand auf dem Bremer Marktplatz.

 

Verkörpert werden die Bremer Originale hauptsächlich von Menschen, die hier über Eingliederungsmaßnahmen beschäftigt sind. In der historischen Kulisse des Geschichtenhauses lernen sie unter professioneller Anleitung die Aspekte der Museumspräsentation, Veranstaltungsmanagement und Gästeservice kennen. 

 

An Bord eines Handelsschiffes

Wir gehen an Bord eines Bremer Handelsschiffes aus dem 17. Jahrhundert. Hier wird ordentlich Seemannsgarn vertellt und von Reisen in alle Welt berichtet. Zu damaliger Zeit war das die neueste Errungenschaft: ein schneller Zweimaster mit geringem Tiefgang, eine so genannte Fleute. Für flache Küstengewässer war sie besonders geeignet. Mit so einem Handelsschiff ging es nach Holland, Belgien, Norwegen, Russland und Schottland. 

Kaffeeduft im Kolonialwarenladen

Beim Verlassen des Schiffs steigt schon der Duft von geröstetem Kaffee in die Nase. Er führt uns eine Treppe hoch geradewegs in den Kolonialwarenladen. Der Hund möchte am liebsten hinter den Tresen verschwinden und alle Schränke persönlich untersuchen. Der Wirt, ein junger Mann, bleibt gelassen, lässt sich von dem vierbeinigen Besucher die Hände beschnüffeln und krault ihn unter dem Kinn. Er und die anderen Mitarbeiter, die die historischen Bremer verkörpern, sind auf Hundebesuch im Museum gut vorbereitet. Eine Hundetrainerin zeigte ihnen den richtigen Umgang mit den Hunden. Mancher Vierbeiner ist extrem aufgeregt. Und eben neugierig.

 

Bei einer Tasse frisch gebrühtem Kaffee erzählt der Wirt aus seinem Alltag, und davon, wie Kaffee und Kakao aus aller Welt Europa eroberten. 1673 wurde in Bremen der erste Kaffee ausgeschenkt.

 

 

Hundeträume im Kaufmannskontor

Der Hund wird bei all der Aufregung langsam müde. Im Bremer Kaufmannskontor droht er endgültig in einen tiefen Schlaf zu fallen. Er hat den Kopf auf dem historischen Dielenboden abgelegt. Die Augenlider werden schwer, die Pupillen rollen nach hinten. Ab und zu rollen sie zurück - immer dann, wenn der Bremer Kaufmann seine Stimme anhebt, um zu erzählen, wie er die Baumwollbörse mitbegründet hat, Tabak und Baumwolle aus den Vereinigten Staaten exportierte. Einst war Bremen der größte Handelsplatz für Baumwolle in Europa. Von hier aus ging die Baumwolle in die Textilindustrie nach Polen, Russland, Österreich und die Schweiz.

 

Zugegeben, manche Monologe der Darsteller sind sehr lang. Man ist versucht, aus dem Fenster zu schauen und zu überlegen, wo man nachher essen oder spazieren geht. 

 

Bekannt wie ein bunter Hund 

Doch dann kommt auch schon das nächste Bremer Original - auf einer Krücke humpelnd, etwas abgewrackt, Zigarre im Mundwinkel. Heini Holtenbeen nimmt die Zigarre kurz aus dem Mund und lädt die Besucher mit ausladender Geste auf seinen Kiez ein. Ende des 19. Jahrhunderts war er in Bremen bekannt wie ein bunter Hund, machte kleine Geschäfte, Dienstleistungen. Jeden Mittag um 12 Uhr wartete er vor der Neuen Börse, um den reichen Herren die angerauchten Zigarren abzunehmen, die sie drinnen ohnehin nicht weiterrauchen durften. Heini Holtenbeen behielt die guten für sich. Aus dem Rest stellte er Pfeifentabak her, den er verkaufte.

 

Der Darsteller verkörpert das schrullige Bremer Original so leidenschaftlich, dass auch der Hund wieder richtig wach wird. Lebendige Geschichte ist eben doch spannend. Denn jeder erzählt "seine" Geschichte ein wenig anders. 


Das Bremer Geschichtenhaus

Das Bremer Geschichtenhaus, Wüstestätte 10, liegt mitten im berühmten Schnoor-Viertel, Bremens ältestem Stadtteil. 

Öffnungszeiten: Montag 12 bis 18 Uhr, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr. Eintritt: Erwachsene 6,90 Euro

Parken: Violenstraße oder Ostertor/Kulturmeile 

www.bremer-geschichtenhaus.de

Hundeauslaufgebiete

Grünanlagen: Südlich des Schnoor-Viertels liegen Weser und der Stadtgraben mit Wallanlagen. 

Freilaufgebiete: Am Unisee (Stadtwaldsee) nördlich der Innenstadt gibt es einen eingezäunten Hundestrand.